Aktuell ist Tempo 50 die Regelgeschwindigkeit in geschlossenen Ortschaften. Tempo 30 und weniger kann unter bestimmten Voraussetzungen extra angeordnet werden. Bereits seit längerer Zeit gibt es die Idee, dies umzukehren und in geschlossenen Ortschaften eine Regelgeschwindigkeit von 30 Stundenkilometern einzuführen. Kommunen sollen dann unter bestimmten Voraussetzungen selbst über Ausnahmen von dieser Regel bestimmen dürfen. Tempo 50 ist also nach wie vor möglich, etwa auf Hauptverbindungsstraßen, solange dies mit der Verkehrssicherheit vereinbar ist. Die Gründe für diese Umkehrung von Regel und Ausnahme liegen auf der Hand:
- Tempo 30 sorgt für einen erheblichen Zugewinn an Verkehrssicherheit und sollte darum zunächst auf so vielen Straßen wie möglich gelten. Die Überlebenschancen bei Tempo 30 sind bedeutend höher, als bei Tempo 50. Denn die Aufprallenergie bei Tempo 50 ist etwa 2,8-mal größer als bei Tempo 30. Wir können nicht länger hinnehmen, dass Unfällen mit Fußgänger*innen in acht von zehn Fällen tödlich enden.
- Tempo 30 verringert auch Geschwindkeitsunterschiede zwischen KfZ-Verkehr und Radverkehr. Insbesondere auf Straßen, wo es keine getrennten Radwege gibt, führt dies zu einem Zugewinn an Verkehrssicherheit.
- Die Regelgeschwindkeit Tempo 30 schafft zudem Klarheit und erweitert den Spielraum für ortsangepasste Lösungen. Der bürokratische Aufwand sinkt. Durch die Umkehrung der Beweislast muss nicht mehr für den Großteil der innerörtlichen Flächen eine Geschwindigkeitsbegrenzung beschlossen und festgesetzt werden, sondern nur noch für den erforderlichen kleinen Teil von Hauptverkehrsstraßen mit wichtiger Verbindungsfunktion, auf denen Tempo 50 sinnvoll sein kann.
Aktuell kann eine Regelgeschwindkeit von Tempo 30 aus rechtlichen Gründen nicht flächendeckend als Regelgeschwindgkeit eingeführt werden. Es soll aber bald die Möglichkeit für Modellversuche geben, für die sich Kommunen bewerben können. Außerdem besteht die Aussicht, dass eine neue Bundesregierung je nach Koalition die Idee von Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit weiter vorantreibt. Sollte Bamberg hier aktiv werden und die sich öffnenden Spieräume nutzen?
Tempo 30 vermindert zudem Lärmbelastungen, vor allem durch niedrigere Maximalpegel und deutlich geringere Pegelschwankungen, was an vielen Hauptverbindungsstraßen ebenfalls ein Problem ist.
Und auch die Luftschadstoffbelastung wird reduziert, wenn es gelingt, die Qualität des Verkehrsflusses beizubehalten.
Details:
https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/2546/publikationen/wirkungen_von_tempo_30_an_hauptstrassen.pdf
Aus meiner Sicht gibt es in Bamberg "vorrangige" und "nachrangige" Straßen. Zu den "vorrangigen" zähle ich Berliner Ring, Münchner Ring, Memmelsdorfer Str. , (Einfall-/Ausfallstraßen). Auf diesen Tempo 50 km/h oder sogar70 km/h zu fahren ist vollkommen in Ordnung. Alle anderen Straßen in der Stadt mit Tempo 30 zu befahren kommt der Gesundheit der Menschen in vielerlei Hinsicht zugute durch weniger Unfälle, weniger CO2-Ausstoss. Das zu regeln sollte ohne großen Aufwand möglich sein. Der Schilderwald in manchen Straßen (50 km/h - 30 km/h - 50 km/h) würde zudem gelichtet werden.
So ist es! Solange die Verkehrssicherheit gewährleistet ist (abgetrennte Radwege und breite Fußwege sowie keine besonderen Gefahrenstellen) kann auch 50 gelten. Auf der Mehrzahl der innerstädtischen Straßen sollte aber Tempo 30 gelten. Das reicht auch vollkommen aus. Durch den dichten Verkehr in der Innenstadt ist der Zeitgewinn von Tempo 50 im Vergleich zu Tempo 30 sowieso nur minimal.
Die Stadt Bamberg sollte wie Coburg beim BMVI das Interesse anmelden, Tempo 30-Modellstadt werden zu wollen!
Aufgrund der Tatsache, dass viele Autofahrer "vergessen", "nicht realisieren" oder es ihnen egal ist, dass es eine Geschwindigkeitsbegrenzung gibt, sehe ich die streckenweisen Geschwindigkeitsbegrenzungen als gescheitert an. Eine einheitliche Geschwindigkeitsbegrenzung erleichtert damit auch die Durchsetzung. Weiter Gründe für Zone 30 generell: unsere Bausubstanz muss geschützt werden, und zwar endlich nachhaltig, wie es in anderen Städten mit einer solchen Geschichte und im Rang eines Weltkulturerbes gebührt. Die Stadt Gent hat 2017 den Weg einer weitgehend autofreien Kommune begonnen - die empirischen Befunde sind eindeutig: besser Aufenthaltsqualität, noch mehr Anziehungskraft, die Einzelhandel und Gastgewerbe zugute kommt. Regelgeschwindigkeit 30 kann hier ein Anfang sein.
Ich unterstütze die Idee der Tempo-30-Modellkommune. Damit würde die Stadt ein klares Zeichen setzen: Die Zeit der jahrzehntelangen Bevorzugung des Autos im Stadtverkehr geht zu Ende.
In Spanien gilt seit heute innerorts Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit. Ausgenommen sind Straßen mit mindestens zwei Fahrstreifen pro Fahrtrichtung. Überall dort wo es keine eigenen Fahrstreifen pro Richtung gibt gilt sogar Tempo 20. Ein mutiger Schritt, der sich als Richtig herrausstellen wird. Wir werden sehen, ob in Spanien die Welt deswegen untergeht, ich würde jede Wetter dagegen halten.
Meine Familie und ich sind Anwohner in der Siechenstraße (Kreuzung Äußere Löwenstraße), in der eigentlich Tempo 30 vorgeschrieben ist. Das wird tagsüber natürlich eingehalten, da ja eh Stau ist... Nachts allerdings wandelt sich die Straße oft (v.a. am Wochenende) zur Raser- und Autoposerstrecke. Letztere erzeugen durch absichtlich herbeigeführte Fehlzündungen, Anfahren mit quietschenden Reifen etc. eine unglaubliche Lärmbelästigung und dabei wird zunächst noch nicht einmal Tempo 30 überschritten.
Für uns bedeutet das, dass ohne regelmäßige Verkehrskontrollen und Geschwindigkeitskontrollen (vielleicht auch durch fest installierte Blitzer) Tempo 30 eine gute Sache ist, die leider wenig nützt, wenn sie nicht kontrolliert wird.
Das Auto ist und bleibt ein wichtiges Verkehrsmittel - und übrigens auch ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor - in jeder Stadt. Hier zu einem vernünftigen Kompromiss und Miteinander zu gelangen, ist schwierig, aber mit gutem Willen und Rücksicht bei allen Verkehrsteilnehmern möglich. Ein- und Ausfallstraßen, zentrale Routen, wie sie Roland Nowak genannt hat, mit 50 bzw. 70 km/h zu deklarieren, ist sicher realistisch, praktikabel und in jedem Fall sinnvoll, ganz im Gegensatz zu einer Verallgemeinerung von Tempo 30.
Allgemein gilt die Einteilung der Straßen in Hauptverkehrsstraßen, Hauptsammelstraßen, Sammelstraßen und Anliegerstraßen. Diese Einteilung hatte und hat immer noch ihren Sinn. Insofern reicht es aus - wie schon praktiziert - Sammelstraßen und Anliegerstraßen (gerne in der Fläche und als Zone) mit Tempo 30 zu versehen. Darüber hinaus natürlich an Brennpunkten wie Schulen, Kindergärten und Altenheimen und Unfallschwerpunkten. Ein "Gießkannenprinzip" hat selten funktioniert.
An welche Beispiele denken Sie, wenn Sie sagen, dass ein allgemeines Prinzip Tempo 30 in Ortschaften mit Ausnahmen nicht funktioniert?
Für Tempo 30 als flächendeckende Regelgeschwindigkeit außerhalb von Unfallschwerpunkten gibt es keinen Grund. Im Gegenteil: ein zügiges Vorankommen mit dem PKW und LKW ist eine wichtige Voraussetzung für eine florierende Wirtschaft. Schließlich darf nicht vergessen werden, dass die Steigerung des Bruttosozialprodukts das alles überragende Ziel einer Gesellschaft sein muss, wenn sie auch morgen noch ihren Bürgern Sicherheit, Gesundheit und individuellen Wohlstand bieten will. Durch den Kauf und die Nutzung von PKW und LKW tragen die Käufer zum Wirtschaftswachstum wesentlich mehr bei als z.B. Fahrradfahrer. Das sollte nicht gefährdet durch eine ideologische Diskriminierung.